Die letzten Jahre scheinen zunehmend von großen und kleinen Katastrophen geprägt zu sein und die Zukunft wird wohl noch mehr davon bereithalten: Trockenheit, Waldbrände oder Sturzfluten wie im Ahrtal lassen immer häufiger die Auswirkungen des Klimawandels offenkundig zutage treten. Ebenso flammt die Corona-Pandemie in regelmäßigen Abständen immer wieder auf. Ganz zu schweigen vom Überfall Russlands auf die Ukraine, inklusive aller negativen Begleiterscheinungen und drohender Risiken. Die Summe der Krisen ist lang und Deutschland scheint darauf wenig vorbereitet zu sein.
Zumindest hat das der erste bundesweite Warntag im Jahr 2020 gezeigt: Kaum etwas funktionierte. Die Sirenen blieben vielerorts stumm und diverse Warn-Apps, allen voran NINA, signalisierten viel zu spät die simulierte Gefahr oder fielen komplett aus. Im Ernstfall könnten Warnungen damit einen Großteil der Bevölkerung nicht erreichen.
Dabei ist die Lösung recht einfach sein. Länder wie die Niederlande, Rumänien oder Italien greifen teilweise schon seit Jahren auf ein Warnsystem zurück, dass die Versendung von SMS integriert. Ganz ohne die Verwendung von Apps, die ohnehin nicht auf jedem Smartphone installiert sind. Hinzu kommt, dass zahlreiche Nutzer aus der älteren Generation gar nicht über ein internetfähiges Mobiltelefon verfügen und demzufolge auch nicht per NINA oder ähnlicher Apps gewarnt werden können.
Kurznachrichten per Cell Broadcasting
Die Verwendung von SMS als Teil des Warnsystems soll zukünftig auch in Deutschland diese Lücke schließen und das Krisenmanagement vereinfachen. Schließlich lassen sich Kurznachrichten auf jedem beliebigen Handy anzeigen, unabhängig bestimmter Hersteller, Betriebssysteme oder Apps. Die zugrunde liegende Technologie trägt den Namen Cell Broadcasting und funktioniert auch so ähnlich wie das Versenden von SMS. Mit einem kleinen Unterschied: Während die klassische Kurznachricht gezielt von einem Sender zu einem oder mehreren per Rufnummer definierten Empfängern geschickt wird, funktioniert Cell Broadcasting ähnlich einer Radiostation. Alle Adressaten in einem Sendegebiet bekommen von einem Funkmast die SMS gleichzeitig zugestellt. Parallel dazu meldet sich das Mobiltelefon mit einen Warnton, auch wenn dieses auf lautlos gestellt ist.
Da alle Handys dieses Verfahren einheitlich unterstützen, können Warnmeldungen auf allen Geräten empfangen werden. Darüber hinaus belegen die versendeten Inhalte nur einen geringen Teil der Übertragungskapazität. Selbst wenn die Mobilfunknetze eine hohe Auslastung verzeichnen, kommen die Warnungen in der Bevölkerung an. Zugleich stellt eine verpflichtende Richtlinie der Bundesnetzagentur sicher, dass jeder Provider die Warn-SMS auch an Fremdkunden versendet.
Allerdings liegt die Umsetzung von Cell Broadcasting noch in gewisser Ferne. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe arbeitet zwar bereits an einer Integration von Cell Broadcasting in das bestehende Warnsystem. Dennoch scheint es noch größere Probleme bei der Umsetzung zu geben, wie die Wirtschaftswoche Ende Mai berichtete. Deshalb wurde der bundesweit geplante Warntag vom 08.09.2022 bereits auf den 08.12.2022 verschoben. Hoffentlich halten sich auch zukünftige Katastrophen daran.