Wie jedes Jahr wollten verschiedene Abgeordnete des Bundestages in einer Kleinen Anfrage von der Bundesregierung wissen, welche und wie viele digitale Fahndungsmethoden 2022 stattgefunden haben. Dabei geht aus der Antwort vom 28.03.2023 hervor, dass das Bundeskriminalamt im vergangenen Jahr über 50.000 sogenannte stille SMS im Rahmen von Ermittlungsverfahren oder zur Gefahrenabwehr versendet hat. Allerdings nutzen auch Bundespolizei, Verfassungsschutz und Zoll die Handyortung per SMS für die Aufklärung von Sachverhalten. Mit einem Unterschied: Sie legen ihre Zahlen nicht offen, um keine Rückschlüsse auf die technischen Fähigkeiten des Inlandsgeheimdienstes zu erlauben. Insofern bilden die oben genannten 50.000 stillen SMS wohl nur die Spitze des Eisberges.
Was ist eine stille SMS?
Doch was genau verbirgt sich hinter dieser Art der Kurznachricht? Eine silent SMS oder ein Stealth Ping kommt vorrangig zum Einsatz, um die Smartphones von Straftätern oder Verdächtigen zu orten. Dabei verschickt der Sender eine Kurzmitteilung, ohne dass der Nutzer etwas davon mitbekommt. Weder akustische noch optische Signale verraten, dass das Gerät irgendetwas empfangen hat. Das Smartphone des Empfängers bleibt einfach still. Zumindest an der Oberfläche: Im Verborgenen meldet sich das Mobiltelefon bei der eingebuchten Funkzelle zurück. Anhand der dabei entstandenen Verbindungsdaten lassen sich nun Rückschlüsse auf den ungefähren Standort des Nutzers ziehen.
Aber auch Privatunternehmen verwenden die stille SMS. Geht beispielsweise ein iPhone erstmalig in Betrieb, nimmt das Gerät im Verborgenen Kontakt mit einem Server auf. Mit Hilfe eines versendeten Stealth Pings werden auf diese Weise iMessage und Facetime aktiviert. Ebenso kommt bei Providern die Short Message Type 0 zum Einsatz, um Technikdienste zu konfigurieren, etwa beim Roaming.
Einsatz der stillen SMS umstritten
Für technische Zwecke gilt der Einsatz der stillen SMS als unbedenklich, auch in Bezug auf den Datenschutz. Im Gegensatz zur Verwendung als Fahndungsmethode: Hier entbrennt seit Jahren ein Streit darüber, ob der Einsatz der unsichtbaren Handyortung per Stealth Ping rechtlich überhaupt zulässig ist. Immerhin handelt es sich um einen bedeutenden Eingriff in die Privatsphäre, der sich technisch kaum verhindern lässt. In einem Urteil im Februar 2018 hat der Bundesgerichtshof jedoch für etwas Klarheit gesorgt. Der Einsatz der stillen SMS gilt als gesetzeskonform, wenn eine Straftat von erheblicher Bedeutung sowie ein auf Tatsachen begründeter Verdacht gegenüber einer Person vorliegen. Außerdem muss die Ortung erforderlich sein, um den Aufenthalt der verdächtigten Person zu bestimmen oder den betreffenden Sachverhalt zu klären. Sind diese Punkte erfüllt, kann ein Richter den zeitlich begrenzten Einsatz der stillen SMS per Telekommunikations-Überwachungs-Beschluss genehmigen. Bei Gefahr im Verzug bzw. einer besonderen Notlage darf der Beschluss allerdings auch im Nachhinein erfolgen. Ob nun berechtigt oder nicht: Immerhin können einige Android-Mobiltelefone den Empfang einer stillen SMS mit Hilfe einer App dokumentieren.